Aktive Veredelung, Vorübergehende Verwendung und Regulärer Import

Wer Waren aus Drittstaaten in die EU bringt, steht oft vor der Frage: Welches Zollverfahren ist das richtige?
Die Wahl des Verfahrens entscheidet über Zeit, Kosten und rechtliche Verpflichtungen. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Unterschiede.


1. Aktive Veredelung (AV)

Rechtsgrundlage:

  • Art. 256–259 Zollkodex der Union (UZK)

  • Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446

Zweck:

  • Vorübergehende Einfuhr von Waren zur Bearbeitung, Verarbeitung, Prüfung, Vorführung oder Nutzung, mit anschließender Wiederausfuhr.

  • Keine Erhebung von Einfuhrabgaben (Zoll, EUSt).

Bedingungen:

  • Genehmigung erforderlich (vereinfachte Bewilligung oft direkt in der Zollanmeldung möglich).

  • Exakte Identifizierbarkeit der Ware (Seriennummer, Typenschild, Beschreibung).

  • Nachweis, dass die Ware wieder ausgeführt wird.

Fristen:

  • Grundsätzlich 3 Monate, Verlängerung bis max. 24 Monate möglich (auf Antrag, wenn sachlich begründet).

Ablauf:

  1. Antrag bzw. Anmeldung beim Zoll (bewilligungsfreies Standardverfahren oder förmliche Bewilligung).

  2. Einfuhrabgaben werden ausgesetzt.

  3. Nutzung im Zollgebiet (z. B. Vorführmaschine).

  4. Wiederausfuhr innerhalb der Frist, Bezug zur ursprünglichen AV-Anmeldung muss in der Ausfuhranmeldung hergestellt werden.

  5. Nachweisführung: Exportdokumente aufbewahren.

Vorteile:

  • Keine Zollabgaben, keine EUSt.

  • Auch längere Nutzung möglich.

Nachteile/Risiken:

  • Hohe Dokumentationspflicht.

  • Bei Nichtexport oder verspäteter Ausfuhr: nachträgliche Erhebung von Zoll + EUSt + Zinsen.


2. Vorübergehende Verwendung (VV)

Rechtsgrundlage:

  • Art. 250–253 UZK

  • Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446

Zweck:

  • Vorübergehende Einfuhr zur Nutzung ohne wesentliche Bearbeitung oder Veränderung (z. B. Messegeräte, Vorführmaschinen, Leihgeräte).

Bedingungen:

  • Unveränderte Wiederausfuhr muss sichergestellt sein.

  • Teilweise nur mit Sicherheitsleistung möglich.

  • Kann auch ohne umfassende Bewilligung beantragt werden.

Fristen:

  • Standard: max. 24 Monate (abhängig vom Einzelfall, oft kürzer).

  • Frist wird von der Zollstelle festgelegt, häufig zunächst 6–12 Monate, Verlängerung möglich.

Ablauf:

  1. Anmeldung beim Zoll als „Vorübergehende Verwendung“.

  2. Abgaben werden ganz oder teilweise ausgesetzt.

  3. Nutzung im Zollgebiet.

  4. Wiederausfuhr innerhalb der Frist.

Vorteile:

  • Einfache Anmeldung.

  • Flexibel bei temporären Nutzungen (z. B. Messen, Tests, Schulungen).

Nachteile/Risiken:

  • Kein Inverkehrbringen erlaubt (keine dauerhafte Nutzung oder Verkauf in der EU).

  • Strikte Pflicht zur unveränderten Wiederausfuhr.


3. Regulärer Import (Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr)

Rechtsgrundlage:

  • Art. 201–221 UZK

Zweck:

  • Dauerhafte Überführung der Ware in die EU.

  • Ware wird in den „freien Verkehr“ überlassen, d. h. sie darf uneingeschränkt verkauft oder genutzt werden.

Bedingungen:

  • Abgabe einer Einfuhranmeldung.

  • Entrichtung von Zoll und Einfuhrumsatzsteuer.

  • Nachweis der Produktsicherheit (CE, Konformitätserklärung, ggf. LFGB, REACH etc.).

Fristen:

  • Keine Wiederausfuhrpflicht.

  • Ware verbleibt dauerhaft im Binnenmarkt.

Ablauf:

  1. Abgabe einer elektronischen Zollanmeldung.

  2. Prüfung durch den Zoll (ggf. Beschau, Vorlage von Unterlagen).

  3. Entrichtung von Zoll und EUSt.

  4. Freigabe in den freien Verkehr.

Vorteile:

  • Voller rechtlicher Status: Ware ist „Unionsware“.

  • Keine Fristen, keine Wiederausfuhr.

  • Möglichkeit des Verkaufs und Inverkehrbringens.

Nachteile:

  • Zollabgaben und EUSt sofort fällig.

  • Kein „Rückwärtsweg“ ohne erneute Zollabwicklung.


Vergleichstabelle

Merkmal Aktive Veredelung (AV) Vorübergehende Verwendung (VV) Regulärer Import
Zweck Nutzung + Wiederausfuhr Nutzung + unveränderte Wiederausfuhr Dauerhafte Einfuhr
Rechtsgrundlage Art. 256–259 UZK Art. 250–253 UZK Art. 201–221 UZK
Abgaben (Zoll/EUSt) ausgesetzt ausgesetzt oder teilweise sofort fällig
Frist 3 Monate (verlängerbar bis 24) bis 24 Monate (meist kürzer) keine
Bewilligung erforderlich (teils vereinfacht) teils ohne formale Bewilligung nicht erforderlich
Veränderung/Bearbeitung erlaubt nicht erlaubt erlaubt
Inverkehrbringen nicht erlaubt nicht erlaubt erlaubt
Risiko Nachzahlung bei Nichteinhaltung Nachzahlung + evtl. Sanktionen Kosten von Anfang an

Fazit

  • Aktive Veredelung eignet sich, wenn eine Maschine oder Ware in der EU getestet, bearbeitet oder genutzt werden soll, aber später sicher wieder ausgeführt wird.

  • Vorübergehende Verwendung passt, wenn die Ware nur unverändert gezeigt oder verwendet werden soll (z. B. Messegeräte).

  • Regulärer Import ist unumgänglich, wenn die Ware in der EU verbleiben oder in Verkehr gebracht werden soll.

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